“Ein gutes Klosterprodukt muss ein Botschafter der Klosterkultur sein”

Was macht denn nun eigentlich ein gutes Klosterprodukt aus? SKIVRE sprach mit einem, der es wissen muss: Martin Erdmann zeichnet bei der deutschen Firma “Manufactum” seit rund 20 Jahren für den Katalog “Gutes aus Klöstern” verantwortlich – und damit für einen sehr speziellen Nischenmarkt.

SKIVRE: Seit 2000 haben Sie in Deutschland maßgeblich mitgewirkt beim Aufbau eines Marktes für Klosterprodukte. Wie würden Sie diesen Markt heute charakterisieren? Was sind seine Eigenheiten?

Martin Erdmann: Es ist teilweise ein Sondermarkt. Die meisten Produkte sind ursprünglich für den Verkauf nur im Kloster oder einen klösterlichen Binnenmarkt gemacht worden. Sie funktionieren deshalb preislich und von der Aufmachung her dort meist besser. Im „normalen“ Umfeld gibt es indes Reibungen, die Produkte tun sich manchmal schwerer, weil sie nicht so professionell rüberkommen oder auch teurer sind. Daneben gibt es aber auch Klosterprodukte, die gezielt für die Vermarktung außerhalb gemacht werden, wie die meisten Weine. Das sind dann schon professionelle Weingüter, die aber auch weniger mit dem Konvent zu tun haben und funktionieren wie eine eigene Firma. Der Markt insgesamt ist durchaus bunt, aber auch eingeschränkt auf bestimmte Produktkategorien wie Marmeladen, Süßwaren, Liköre, Cremes, Seifen, Handwerkliches. Impulse von außerhalb werden nur selten aufgenommen. Und nicht zuletzt verschwinden auch Produkte wieder, weil z.B. die Nonne oder der Mönch in Rente geht, stirbt, austritt – es hängt oftmals von wenigen Leuten ab und daher ist dieser Markt auch fragil.

SKIVRE: Inzwischen haben Sie über 300 Produkte aus 65 europäischen Klöstern im  Katalog.  Ist damit eine Grenze erreicht oder finden Sie immer noch spannende neue Produkte?

Martin Erdmann: Die Grenze ist schon länger erreicht, und neue Produkte zu finden, die wirklich lohnend sind und einen Mehrwert ins Sortiment bringen, ist so gut wie unmöglich. Wir werden auch das Sortiment in der nächsten Zeit nochmal durcharbeiten und ihm eine neue Struktur geben.

SKIVRE:  Sind denn Klöster überhaupt so einfach bereit, sich mit den Erfordernissen einer professionellen Vermarktung ihrer Produkte auseinanderzusetzen? Welche Konzessionen machen sie, welche nicht?

Martin Erdmann: Konzessionen sind in gewissen Rahmen möglich, aber selten. Meist muss man kaufen, wie hergestellt. Hier und da ist es mir aber gelungen, Einfluss zu nehmen, z.B. bei den Tschechischen Trappistinnen, die nun auf jedem Produkt eine kleine Geschichte und Erklärung haben, wie sie aus Italien nach Tschechien kamen, und dass das der Grund ist, warum sie in Tschechien italienische Produkte herstellen. Das war insgesamt nicht zum Schaden der Produkte.

SKIVRE: Was genau macht denn ein Klosterprodukt aus? Gibt es spezielle Kriterien, die Sie bei Ihrer Auswahl anlegen und die das Besondere ausmachen?

Martin Erdmann: Ein Klosterprodukt muss, unabhängig davon, woher es kommt, gut sein, das heißt, eine hohe Qualität aufweisen und nach den Regeln der Kunst hergestellt sein. Es muss nützlich sein und nachhaltig und nicht nur dazu da, aus Mitleid oder weil man ein gutes Werk tun will, gekauft zu werden. Es muss unabhängig vom Kloster funktionieren und soll gleichzeitig ein Botschafter der Klosterkultur und des genius loci sein. Denn die Frage wird doch sein: Was ist das gewisse Etwas, das es von weltlichen, oftmals preiswerteren Produkten unterscheidet. Es sollte nah dran sein am Kloster, was die Mitarbeit von Angestellten nicht ausschließt.

SKIVRE: Welche Art der Unterstützung müssen Sie Klöstern bei der Vermarktung dabei geben?

Martin Erdmann: S.o., meistens bezogen auf Aufmachung, manchmal auch Rezeptur oder Preis. Auch die Mengensteuerung muss man manchmal behutsam aufbauen, wobei die Klöster auch lernfähig sind und sich auf regelmäßige Bestellungen gut einstellen.

SKIVRE: Können Sie Ihre Kundinnen und Kunden, also Menschen, sie sich für Klosterprodukte interessieren und diese kaufen, charakterisieren? Können Sie denen ein Profil geben?

Martin Erdmann: Schwer zu sagen. Wahrscheinlich unsere „normalen“ Kunden, die gute, solide, verlässliche Dinge mit Herkunft kaufen möchten. Sie möchten vertrauen und etwas kaufen, das nicht gesichtslos ist. Das eine gute Herkunft hat und etwas über sich erzählt. Sicherlich ist die Motivation, Klöster unterstützen zu wollen, nicht vordergründig ausschlaggebend, zumindest bei unserer Kundschaft. Ich vermute, dass der allgemein kulturelle und qualitätsbewusste Impuls vor allem zählt.  Man muss bedenken, dass andererseits eine dezidiert christliche Kundschaft vielleicht auch nicht so sehr Dinge, als vielmehr Geistliches sucht. Im Kloster vor Ort kann es anders sein, da will man auch ein Souvenir haben und kauft es am liebsten aus der Hand der Ordensleute, weshalb ich auch immer empfehle, dass diese auch im Klosterladen stehen oder zumindest mitarbeiten.

SKIVRE: Der Katalog „Gutes aus Klöstern“ ist ja inzwischen ein ebenso informatives wie inspirierendes Kulturmagazin, dessen Lektüre viel mehr vermittelt als nur Produktinformationen.  Er ist einerseits ein ganz klassisches Medium in der Produktpräsentation, andererseits wird deutlich, dass viel mehr als die reine Produktinformation vermittelt werden soll. Warum?

Martin Erdmann: Der Katalog erreicht potentiell mehr als 100.000 Adressaten, deren wenigste wohl  von sich aus mit Klöstern beschäftigt sind. Da ist er ein gutes Forum, um einen Aha-Effekt zu erzeugen und von Klosterkultur zu erzählen. Darüber hinaus muss der Hintergrund der Artikel deutlich werden, ohne dass man mit Gott oder Religion wirbt. Endlich, wenn man kaum noch Zuwachs hat an neuen Produkten, kann man auf diese inhaltliche Weise den Katalog interessant und frisch halten.

SKIVRE: Wenn es darum geht, Interessentinnen und Interessenten für Klosterprodukte zu erreichen, setzt Manufactum auf drei Wege: das anspruchsvoll gemachte Produktmagazin, den Online-Auftritt und die Läden. Welche Rolle spielen dabei soziale Medien?

Martin Erdmann: Eine untergeordnete Rolle.

SKIVRE: Klosterprodukte und soziale Medien – geht das überhaupt zusammen?

Martin Erdmann: Sicherlich, warum nicht? Auch dort kann man vermitteln, die Frage ist immer: erzielt man einen Aha-Effekt, oder macht man bei dem allgemeinen Rauschen, das dort herrscht, einfach klischeehaft mit. Die Chance, neue Leute zu erreichen und das Thema Kloster sichtbar  zu machen, damit auch zu überraschen, ist sehr groß. Man muss aber Effekthascherei vermeiden.

SKIVRE: Herzlichen Dank!

Mehr zum Thema findet sich im Manufactum-Katalog “Gutes aus Klöstern“. Unser Blog-Bild zeigt einen Ausschnitt aus dem Katalog.

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